Die EU-Kommission startete die Initiative Single European Sky (SES) im Jahr 1999, um die Effizienz im Luftverkehrsmanagement und der Flugsicherungsdienste durch eine stärkere Integration des europäischen Luftraums zu verbessern. Die letzte bedeutende Gesetzgebungsinitiative im Rahmen von SES, SES 2, wurde 2009 abgeschlossen. 2013 folgte ein weiteres Update, SES 2+, das jedoch nicht umgesetzt wurde.
Im September 2020 legte die Kommission eine überarbeitete Fassung des Vorschlags von 2013 vor, die zu intensiven Verhandlungen zwischen Kommission, Rat (und den dahinter stehenden Mitgliedstaaten) und Europäischem Parlament führte. Diese endeten am 6. März 2024 mit einer vorläufigen Einigung (Trilog), die nun die Grundlage für den weiteren Gesetzgebungsprozess bildet.
Ziele der Reform von Single European Sky (SES)
Ziel der Reform ist es, die Leistung und Kapazität des Luftraums zu steigern, die Kosten zu senken und die Anpassungsfähigkeit des Systems zu erhöhen, während gleichzeitig die Umweltauswirkungen der Luftfahrt reduziert werden. Die zentrale Ausrichtung wird beibehalten mit Fokus auf Stärkung der Sicherheit, Erfüllung von Kapazitätsanforderungen und Reduzierung der CO₂-Emissionen bei gleichzeitiger Kosteneffizienz.
Hauptpunkte des Standpunktes des Rates
Souveränität der Mitgliedstaaten: Die Neuregelung wahrt die staatliche Souveränität der Mitgliedstaaten über ihren Luftraum und klammert militärischen Betrieb aus.
Überwachung der Flugsicherungsdiente: Jeder Mitgliedstaat ernennt eine nationale Aufsichtsbehörde, die die Einhaltung der Anforderungen durch Diensteanbieter überwacht, z.B. finanzielle Nachhaltigkeit und organisatorische Strukturen.
Die Flugsicherungsdienste können, sofern sie funktional getrennt sind, innerhalb derselben Organisation wie die Aufsichtsbehörde angesiedelt werden.
Mitgliedstaaten können die wirtschaftliche und sicherheitsrelevante Überwachung in einer einzigen Verwaltungsbehörde zusammenführen, um Bürokratie zu reduzieren.
Öffnung der Flugsicherungsdienste für den Wettbewerb: Auf freiwilliger Basis können Mitgliedstaaten bestimmte Dienste, wie Anflug- oder Flughafenkontrolldienste, zu Marktbedingungen öffnen.
Leistungsüberprüfung: Die Leistungsüberprüfung (performance review) der Flugsicherungsdienste erfolgt in Zusammenarbeit zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden und der Europäischen Kommission. Unterstützt wird die Kommission durch ein unabhängiges „Performance Review Board“ (PRB), das als ständige beratende Einrichtung fungiert und aus dem EU-Haushalt finanziert wird.
Klimaschutzmaßnahmen: Es wurden Maßnahmen vorgeschlagen, um die CO₂-Bilanz der Luftfahrt zu verbessern, darunter eine mögliche verpflichtende Modulation der Streckengebühren, die Fluggesellschaften dazu anregen soll, umweltfreundlichere Routen zu nutzen oder alternative Antriebstechnologien zu implementieren. Eine Machbarkeitsstudie soll diese Modulation auf ihre Effizienz und Auswirkungen bewerten.
Netzmanagement: Die Rolle des Netzmanagers Eurocontrol wird gestärkt, indem ihm zusätzliche, klar abgegrenzte Aufgaben übertragen werden. Ziel ist es, den Luftraum nachhaltiger und effizienter zu nutzen, während die Mitgliedstaaten bei strategischen Entscheidungen einbezogen werden.
Die nächsten Schritte
Die Position des Rates wird nun dem Europäischen Parlament übermittelt. Da der Text den am 6. März 2024 erzielten Kompromiss zwischen Rat, Kommission und EU-Parlament vollständig widerspiegelt, wird erwartet, dass das Parlament die Ratsposition ohne Änderungen annimmt. Das neue Regelwerk soll 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten.
Rechtsanwalt Luftfahrtrecht
Rechtsanwalt Dr. Simon Harald Baier LL.M. berät zu Fragen des österreichischen und europäischen Luftfahrtrechtes, einschließlich der EASA-Grundverordnung und SES2+.