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Investitionsersatz und Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers – mögliche Ansprüche bei Vertragsbeendigung

Unterschiede zwischen Handelsvertreter und Vertragshändler


Der Handelsvertreter vermittelt in der Regel Geschäfte im Namen und auf Rechnung eines Unternehmens und erhält dafür eine Provision. Er besitzt die Ware nicht und arbeitet oft nach den Vorgaben des Unternehmens.

Der Vertragshändler („Eigenhändler“, „Reseller“, „Distributor“) kauft Produkte auf eigenes Risiko und verkauft sie weiter. Er erwirtschaftet seinen Gewinn durch die Handelsspanne und agiert unabhängiger, aber oft nach vertraglichen Vorgaben.


Vertragshändler mit Investitionsersatzanspruch und Ausgleichsanspruch
Ein möglicher Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers sollte genau geprüft werden

Mögliche Ansprüche nach Beendigung des Vertriebsvertrages – Investitionsersatz und Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers

 

Investitionsersatz


Den in vertikalen Vertriebsbindungsverträgen gebundenen Unternehmern (also auch Vertragshändlern) und auch Handelsvertretern steht bei Vertragsbeendigung gemäß § 454 Unternehmensgesetzbuch (UGB) ein zwingender Anspruch auf Ersatz von Investitionen zu, die diese nach dem Vertrag für ein einheitliches Vertriebssystem tätigen mussten, sofern diese Investitionen bei Vertragsbeendigung weder amortisiert noch angemessen verwertbar sind.


Der Vertragshändler darf allerdings den Vertrag nicht selbst ohne einen dem bindenden Unternehmer zurechenbaren wichtigen Grund beendet haben oder dem bindenden Unternehmer keinen wichtigen Grund zur Vertragsauflösung geboten haben, da sonst der Anspruch entfällt. Gleiches gilt, wenn der Vertragshändler gemäß einer Vereinbarung mit dem bindenden Unternehmer seine Rechte und Pflichten auf einen anderen übertragen hat.

 

Ausgleichsanspruch


Für Vertragshändler gibt es keine mit dem HVertrG vergleichbare Regelung über einen Ausgleichsanspruch. In bestimmten Fällen wird jedoch das Handelsvertreterrecht analog angewendet, und ein Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers ist gerechtfertigt.


Der Oberste Gerichtshof (OGH) hält dies für gerechtfertigt, wenn die vertraglichen Beziehungen wirtschaftlich denjenigen zwischen Unternehmer und Handelsvertreter entsprechen, insbesondere wenn dem Vertragshändler ein Alleinverkaufsrecht eingeräumt wurde. Dies gilt auch, wenn der Vertrag stark die Merkmale eines Handelsvertretervertrags aufweist oder das Nichtgewähren eines Anspruchs den Gesetzesabsichten widersprechen würde.


Der Vertragshändler muss dazu in die Absatzorganisation des Lieferanten eingebunden sein und ähnliche Aufgaben wie ein Handelsvertreter übernehmen, einschließlich der Überlassung seines Kundenstamms bei Vertragsende.


Ob ein Vertragshändler in die Absatzorganisation des Unternehmers eingebunden ist und ob inwieweit eine Pflicht zur Überlassung des Kundenstamms (Kundendaten) bei Vertragsbeendigung besteht, hängt von verschiedenen Kriterien ab. Entscheidend ist eine Gesamtschau der Rechte und Pflichten des Vertragshändlers. Dazu hat die Rechtsprechung nähere Kriterien herausgearbeitet, deren Vorliegen/Nichtvorliegen der korrekten rechtlichen Einordnung eines Vertragshändlervertrags im jeweiligen Fall dienen.

Nach österreichischem Recht können sich folglich je nachdem, ob der Vertragshändler diese Analogievoraussetzungen erfüllt oder nicht, unterschiedliche Ansprüche an eine Beendigung des Vertragsverhältnisses knüpfen. Unter den Voraussetzungen des § 24 HVertrG steht dem Vertragshändler daher im Fall der analogen Anwendbarkeit des Handelsvertreterrechts grundsätzlich ein Ausgleichanspruch zu.


Ein solcher steht jedoch in folgenden Fällen nicht zu:


  • Wenn der Vertragshändler den Vertrag selbst gekündigt bzw vorzeitig aufgelöst hat, es sei denn, die Kündigung erfolgt aufgrund von Umständen, die dem Unternehmer zuzuschreiben sind (zB erhebliche Vertragsverletzungen), oder aus Alters- oder Krankheitsgründen;

  • wenn der bindende Unternehmer den Vertrag wegen eines schuldhaften, einen wichtigen Grund nach § 22 darstellenden Verhaltens des Vertragshändlers gekündigt oder vorzeitig aufgelöst;

  • wenn der Vertragshändler seine Rechte und Pflichten gemäß einer aus Anlass der Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffenen Vereinbarung mit dem Unternehmer auf einen anderen übertragen hat;

  • wenn der Vertragshändler keine neuen Kunden für den Unternehmer gewonnen hat oder der Unternehmer nicht wesentlich von seiner Tätigkeit profitiert hat.

 

Schadenersatz


Denkbar sind außerdem weitere Schadensatzansprüche, die der Vertragshändler aus einer von der anderen Seite oder beiden verschuldeten vorzeitigen Kündigung ableiten könnte (bei Anwendbarkeit des Handelsvertreterrechts auch analog zu § 23 HVertrG).


Rechtsanwalt Vertriebsrecht


Rechtsanwalt Dr. Simon Harald Baier LL.M. berät im Zusammenhang mit Vertriebsverträgen und Vertragshändlern sowie zu allen Fragen des Wirtschaftsrechts und Kartellrechts.

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