Die EU hat im Mai 2023 die neue Verordnung 2023/988 zur Produktsicherheit (GPSR) veröffentlicht, die nach einer Übergangsfrist ab dem 13. Dezember 2024 in Kraft tritt und die bisherige Richtlinie 2001/95/EG ersetzt. Die GPSR zielt darauf ab, sicherzustellen, dass nur sichere Produkte in der EU verkauft werden, und enthält erweiterte Anforderungen, insbesondere für den Onlinehandel.
Für kosmetische Produkte gelten jedoch nicht alle Bestimmungen der GPSR, da sie bereits der Kosmetikverordnung (Kosmetik-VO) unterliegen, die spezielle Sicherheitsanforderungen festlegt. Die GPSR ist daher nur in Bereichen relevant, die nicht durch die Kosmetik-VO geregelt sind.
Geltungsbereich der GPSR für Kosmetika
Die GPSR ergänzt die Kosmetik-VO in Bezug auf Onlineverkäufe und Fernabsatz, insbesondere durch Artikel 19, der zusätzliche Informationspflichten für den Onlinehandel festlegt. Laut GPSR sind „Wirtschaftsakteure“ – Hersteller, Bevollmächtigte, Importeure, Händler oder Fulfillment-Dienstleister – für die Einhaltung von Artikel 19 verantwortlich. Die in der Kosmetik-VO benannte „verantwortliche Person“ (responsible person), die für die Einhaltung der Kosmetikvorschriften sorgt, kann jedoch wohl nach wörtlicher Auslegung nicht direkt durch Artikel 19 der GPSR verpflichtet werden, da sie in der Regel keine Produkte selbst auf den Markt bringt – dies ist jedoch Anwendungsvoraussetzung für Artikel 19.
Pflichten gemäß Artikel 19 GPSR
Wenn ein Wirtschaftsakteur kosmetische Produkte online bzw. im Fernabsatz anbietet, müssen bestimmte Informationen klar und sichtbar zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehören:
- Name, Handelsmarke Postanschrift und elektronische Adresse des Herstellers
- Ist der Hersteller außerhalb der EU niedergelassen, müssen die Kontaktdaten der „verantwortlichen Person“ angegeben werden.
- Produktidentifikationsdaten, einschließlich einer Abbildung des Produkts und seiner Eigenschaften.
- Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen in der Sprache des jeweiligen Mitgliedstaates.
Unter der elektronischen Adresse versteht man hier entweder eine E-Mail-Adresse oder eine Website-Adresse. In der ursprünglichen deutschen Fassung der GPSR wurde allein eine E-Mail-Adresse verlangt; dies wurde jedoch nachträglich geändert, um Gestaltungsspielraum zu bieten.
Artikel 19 Absatz 1 lit. d der Kosmetik-VO schreibt die Kennzeichnung von "besonderen Vorsichtsmaßnahmen für den Gebrauch", vor; diese sind in den Anhängen III bis VI der Kosmetik-VO aufgeführt; darüber hinaus können unter der Verantwortung der verantwortlichen Person nach der Kosmetik-VO weitere vom Sicherheitsbewerter des Produkts empfohlene Sicherheitshinweise und Warnungen gemäß Anhang I Teil B.2 der Kosmetik-VO auf das Etikett gedruckt werden. Die oben genannten Informationsbestandteile müssen dabei den in Artikel 19 lit. d der GPSR geforderten Informationen entsprechen.
Diese Angaben dienen der Transparenz und Sicherheit im Onlinehandel und sollen sicherstellen, dass der Verbraucher die nötigen Informationen erhält, um die Sicherheit eines Produkts zu bewerten.
Die Rolle der „verantwortlichen Person“ nach der Kosmetikverordnung und der GPSR
Die Kosmetik-VO schreibt vor, dass bei eingeführten kosmetischen Mitteln jeder Importeur die "verantwortliche Person" für die spezifischen Produkte ist, die er in Verkehr bringt; der Importeur kann durch ein schriftliches Mandat eine innerhalb der EU ansässige Person als verantwortliche Person benennen, die das Mandat schriftlich annimmt. „Verantwortliche Person“ im Sinne des Artikel 19 der GPSR ist dem Gegenüber „die verantwortliche Person im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der GPSR oder des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1020“ (Marktüberwachungsverordnung) – es ist sohin nicht gesagt, dass die verantwortliche Person im Sinne der Kosmetik-VO und jene nach der GPSR ident sind.
Die Marktüberwachungsverordnung legt fest, dass ein Importeur oder ein vom Hersteller benannter Bevollmächtigter diese Aufgaben im Rahmen der Produktsicherheit übernimmt. Dies kann aber wohl nur bedeuten, dass zusätzliche Verantwortlichkeiten, die über die Anforderungen der Kosmetik-VO hinausgehen, von diesen Wirtschaftsakteuren wahrgenommen werden und nicht von der „verantwortlichen Person“ gemäß Kosmetik-VO. Für diese Auffassung sprechen auch die Leitlinien der Kommission für Wirtschaftsakteure und Marktüberwachungsbehörden zur praktischen Umsetzung von Artikel 4 der Marktüberwachungsverordnung.
Wenn also der Wirtschaftsakteur, der kosmetische Mittel online verkauft, nicht "verantwortliche Person" im Sinne der Kosmetik-VO ist (z.B. wenn der Wirtschaftsakteur ein Importeur ist und eine verantwortliche Person benannt hat), überschneiden sich jedoch teilweise die bisherigen Pflichten der "benannten verantwortlichen Person", die gemäß der Kosmetik-VO bestimmt wird, und jene neuen Pflichten des Wirtschaftsakteurs hinsichtlich der Einhaltung von Artikel 19 der GPSR. Da die benannte verantwortliche Person nach der Kosmetik-VO bereits jetzt dafür verantwortlich ist, die erforderlichen Informationen bereitzustellen und sie auf dem neuesten Stand zu halten, sollte der Importeur dafür verantwortlich sein, dass die Informationen an der Verkaufsstelle angegeben/angezeigt werden.
Als „verantwortliche Person“ im Sinne von Artikel 19 der GPSR wäre gemäß den obigen Ausführungen dann folglich der Importeur (Wirtschaftsakteur) oder ein Bevollmächtigter anzugeben, konsequenterweise wäre dann auch dessen elektronische Adresse anzuführen (und nicht jene der verantwortlichen Person im Sinne der Kosmetik-VO). Man hätte dann – zur allgemeinen Verwirrung – zwei verantwortliche Personen zu nennen – dies kann aber dadurch vermieden werden, indem eine Vereinbarung mit der benannten verantwortlichen Person getroffen wird, dass diese selbst auch die Pflichten als Bevollmächtigter im Sinne der Marktüberwachungsverordnung (und damit der GPSR) mitübernimmt; in der Praxis dürften diese ohnehin nicht weit auseinanderliegen.
Fazit
Es sprechen gute Gründe dafür davon auszugehen, dass die neue GPSR keine zusätzlichen Pflichten für die benannte „verantwortliche Person“ nach der Kosmetik-VO einführt. Die Pflichten gemäß GPSR betreffen vor allem Wirtschaftsakteure wie Importeure und Händler, die kosmetische Produkte online oder im Fernabsatz anbieten. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollten klare Absprachen zwischen Importeuren und benannten „verantwortlichen Personen“ getroffen werden, um die Einhaltung der Vorschriften sowohl der Kosmetik-VO als auch der GPSR sicherzustellen. Diese vertraglichen Vereinbarungen tragen dazu bei, rechtliche Risiken zu minimieren und die Einhaltung der neuen Produktsicherheitsanforderungen zu gewährleisten.
Rechtsanwalt Kosmetikrecht
Rechtsanwalt Dr. Simon Harald Baier LL.M. berät im Zusammenhang mit dem Kosmetikrecht, zu zollrechtlichen Themen sowie zu allen Fragen des Handelsrechts.
Hinweis
Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und stellt keine spezifische Rechtsberatung dar. Die hier bereitgestellten Inhalte wurden nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, können jedoch eine individuelle Beratung durch einen qualifizierten Anwalt nicht ersetzen. Da sich die Rechtslage fortlaufend ändern kann, ist es bei konkreten Anliegen wichtig, rechtlichen Rat einzuholen. Nur eine persönliche Beratung kann die Besonderheiten Ihres Falles angemessen berücksichtigen.
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