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Die neue Produktsicherheitsverordnung (GPSR) in Bezug auf Händler - was gilt innerhalb und außerhalb des Fernabsatzes und auf Online-Marktplätzen?

Die neue Produktsicherheitsverordnung (GPSR) der EU, auch als Allgemeine Produktsicherheitsverordnung (APSV) bezeichnet, ist am 13. Dezember 2024 in Kraft getreten und setzt strengere Anforderungen an Händler, Betreiber von Online-Shops, Importeure, Hersteller und Online-Marktplätze wie Amazon oder eBay. Ziel der Verordnung ist die Erhöhung der Produktsicherheit, verbesserte Rückverfolgbarkeit und verstärkte Informationspflichten für Verbraucher.

 

Händler, Hersteller, Importeure und Anbieter von Online-Marktplätzen müssen sicherstellen, dass die Produktsicherheit gewährleistet ist. Wer gegen die Vorschriften verstößt, riskiert u.a. hohe Bußgelder, Abmahnungen und Klagen, Sperrung von Verkaufsangeboten oder Konten, Rückrufe und Reputationsschäden.

Händler müssen stationär und online die neuen Anforderungen der EU Produktsicherheitsverordnung einhalten
Neue rechtliche Herausforderungen durch die GPSR für Händler - sind Sie vorbereitet?

Die Verordnung gilt auch für Produkte, die vor dem 13.12.2024 in Verkehr gebracht wurden.


Händler, insbesondere mit eigenen Online-Shops oder auf Online-Marktplätzen bzw. Plattformen, sollten daher ihre Angebote überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Hier ein Überblick über die zentralen Punkte (Auswahl):

  

Geltungsbereich der Produktsicherheitsverordnung

 

Die GPSR gilt für alle Produkte, die in der EU in Verkehr gebracht oder angeboten („bereitgestellt“) werden, es sei denn, spezifische Unionsvorschriften wie CE-Richtlinien regeln die Produktsicherheit. Explizit ausgenommen sind Arzneimittel, Lebens- und Futtermittel, lebende Pflanzen und Tiere, Pflanzenschutzmittel, Beförderungsmittel und Luftfahrzeuge sowie Antiquitäten.

 

Erfasst sind nur Verbraucherprodukte. Für Produkte, die zur ausschließlich gewerblichen Nutzung konzipiert sind, die jedoch anschließend auf den Verbrauchermarkt gelangt sind, gilt die GPSR ebenfalls, da sie unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen die Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern gefährden könnten.

 

Sektorielle EU-Regelungen (Harmonisierungsrechtsvorschriften) bzw. deren nationale Umsetzung, die spezielle Produktgruppen abdecken, gehen der GPSR grundsätzlich vor. So bestehen zahlreiche Regelungen wie z.B. für Spielzeug, Lebensmittelkontaktmaterialien, Maschinen, Elektrogeräte, persönliche Schutzausrüstungen, Kosmetika und andere, die weiterhin unverändert einzuhalten sind. Nur bestimmte Abschnitte der GPSR wie etwa die Bestimmungen für Rückrufe oder für den Fernabsatz sind allgemein für Verbraucherprodukte gültig.

 

Die GPSR erfasst sogenannte „Wirtschaftsakteure“ – das sind vor allem Hersteller, Importeure, Händler, Online-Marktplätze (Amazon, eBay etc.) und Dienstleister für die Auftragsabwicklung (Fulfilment-Dienstleister).

 

Die neue Produktsicherheitsverordnung (GPSR) in Bezug auf Händler - Pflichten allgemein

 

Sofern die GPSR (und nicht etwa sektorielle Bestimmungen) anwendbar ist, gilt:

 

Bevor Händler ein Produkt auf dem Markt bereitstellen, müssen sie sich vergewissern, dass das Produkt ein leicht erkennbares bzw. lesbares Identifikationselement trägt (bzw. auf oder in der Verpackung enthalten ist) und Hersteller oder Importeur samt Postanschrift und E-Mail-Adresse sowie etwaige Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen angegeben sind.

 

Wenn ein Händler aufgrund der ihm vorliegenden Informationen der Auffassung ist oder Grund zu der Annahme hat, dass ein Produkt den Anforderungen der GPSR nicht entspricht, darf es nicht angeboten werden. Zudem hat er den Hersteller bzw. den Einführer davon zu verständigen und sicherzustellen, dass die erforderlichen Korrekturmaßnahmen ergriffen werden, um die Konformität des Produkts auf wirksame Weise herzustellen, wozu gegebenenfalls auch eine Rücknahme vom Markt oder ein Rückruf gehören können.

 

Außerdem muss er die Marktüberwachungsbehörden der Mitgliedstaaten, in denen das Produkt auf dem Markt bereitgestellt wurde, unverzüglich unterrichten. Schließlich hat der Händler die ihm vorliegenden sachdienlichen Informationen über ein etwaiges Risiko für die Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern, die Zahl der betroffenen Produkte und etwaige bereits ergriffene Korrekturmaßnahmen anzugeben.

 

Händler, die von einem Unfall, der durch ein von ihnen in Verkehr gebrachtes oder auf dem Markt bereitgestelltes Produkt verursacht wurde, Kenntnis haben, müssen den Hersteller davon unverzüglich unterrichten.

 

Die EU Kommission unterhält ein Webportal, das es auch Händlern ermöglicht, Marktüberwachungsbehörden und Verbrauchern auf einfache Art und Weise die obigen sicherheits- bzw. gesundheitsrelevanten Informationen zur Verfügung zu stellen.

 

Händler müssen sicherstellen, dass sie über interne Verfahren zur Gewährleistung der Produktsicherheit verfügen, die es ihnen ermöglichen, die einschlägigen Anforderungen dieser Verordnung zu erfüllen.

  

(Zusätzliche) Pflichten der Händler im Fernabsatz

 

Allenfalls ergänzend zu den oben beschriebenen Pflichten gilt im Fall, dass ein Händler Produkte online oder über eine andere Form des Fernabsatzes auf dem Markt bereitstellt – dazu gehört also auch ein vom Händler selbst betriebener Online-Shop, aber auch die der Verkauf über eine von einem Dritten betriebene Online-Plattform –, dass das Angebot dieser Produkte mindestens die folgenden eindeutigen und gut sichtbaren Angaben enthalten muss:

 

  • Herstellername samt Postanschrift und E-Mail-Adresse

  • Name, die Postanschrift und die E-Mail-Adresse deiner verantwortlichen Person nach der GPSR, falls der Hersteller nicht in der Union niedergelassen ist

  • Angaben, die die Identifizierung des Produkts ermöglichen, einschließlich einer Abbildung des Produkts, seiner Art und sonstiger Produktidentifikatoren

  • Etwaige Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen gemäß den unionsrechtlichen Vorschriften der Union in einer Sprache, die für die Verbraucher leicht verständlich auf dem Produkt oder auf der Verpackung anzubringen oder in einer Begleitunterlage beizufügen sind

  

Bei Sicherheitsproblemen sind Rückrufe, Reparaturen oder eine Erstattung des Kaufpreises verpflichtend (wobei dem Verbraucher ein Wahlrecht aus mindesten zwei dieser Optionen zu geben ist).

 

Sanktionen, Produktsicherheitsgesetz und Begleitgesetz

 

Die Mitgliedstaaten der EU sind nach der GPSR verpflichtet, Sanktionen, die bei Verstößen gegen diese Verordnung zu verhängen sind, festzulegen. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

 

Das österreichische Produktsicherheitsgesetz 2004, BGBl. I Nr. 16/2005 in der geltenden Fassung, normiert die Sicherheit von Verbraucherprodukten, die keiner speziellen Regelung – wie es sie etwa für elektrotechnische Produkte oder Maschinen gibt – unterliegen. Dieses Gesetz verpflichtet Unternehmen, nur sichere Produkte auf den Markt zu bringen. Nötigenfalls müssen Unternehmen Schritte zur Gefahrenabwehr zu treffen, wenn ein Produkt unsicher ist. Falls erforderlich verpflichten die zuständigen Behörden Unternehmen zu geeigneten Maßnahmen. Im Extremfall wird ein Produkt-Rückruf und die Vernichtung eines Produktpostens angeordnet.

 

Das Produktsicherheitsgesetz 2004 bleibt neben der GPSR vorläufig in Kraft, aber nur in jenen Teilen, die nicht von der GPSR ersetzt werden. Ein neues Produktsicherheitsgesetz mit begleitenden Bestimmungen zur GPSR wird voraussichtlich im Frühjahr 2025 in Kraft treten. Darin werden auch die Sanktionen für Pflichtverstöße nach der GPSR enthalten sein.

 

Fazit: Handlungsbedarf für Online-Händler (und alle anderen Wirtschaftsakteure)

 

Die neue Produktsicherheitsverordnung (GPSR) in Bezug auf Händler erfordert von diesen ein Prüfung, ob

 

  • Produktseiten anzupassen sind (insbesondere Sicherheitsangaben, Warnhinweise, Herstellerdaten),

  • die technischen Dokumentationen vorliegen,

  • Rückverfolgbarkeit sicherstellt ist, und

  • alle internen Prozesse aufgestellt sind,

 

und eine umgehende Umsetzung aller Anforderungen. Wer die neuen Vorgaben einhält, schützt nicht nur sein Geschäft, sondern stärkt auch das Vertrauen der Kunden. Informieren Sie sich rechtzeitig über die rechtlichen Bestimmungen!


Anwalt GPSR und Handelsrecht


Rechtsanwalt Dr. Simon Harald Baier berät Sie gerne zu Fragen der Produktsicherheit und den spezifischen Anforderungen der GPSR.

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